Unterschied: Alpha-Ansatz vs. Beta-Portfolio

Wie viel Rendite darf es sein?

Beim Investieren partizipierst du an Vermögenswerten und erhoffst dir eine Verzinsung deines Kapitals, entweder durch Wertsteigerung oder durch abgeworfene Gewinne.

Diese Verzinsung deines Kapitals sollte zwingend die Inflation übersteigen, damit der inflationsbedingte Kaufkraftverlust deines Portfolios ausgeglichen wird.

Wenn du Renditen ausrechnest oder in einem Tool, wie z.B. Portfolio-Performance oder Trade-Republic angezeigt bekommst, wird die Inflation hier nicht direkt berücksichtigt.

Um die Performance deiner Investments zu tracken solltest du das Ergebnis daher am besten um die Inflation korrigieren – also durch die Inflationsrate teilen – um den realen Kaufkraftgewinn zu tracken.

Die reale Rendite kann ziemlich schnell negativ werden, insbesondere in Zeiten hoher Inflation und wenn du in Produkte mit hohen Gebühren investiert bist.

Zum Ausgleich der Inflation und für eine echte Wertsteigerung brauchst du eine Rendite, damit dein Kapital regelmäßig verzinst werden. Je höher die Rendite desto besser, allerdings ist mit einer hohen Rendite meist auch ein hohes Risiko verbunden.

Nachfolgend gehe ich auf zwei Investment-Ansätze zur Erzielung der Rendite ein:

  • Passiver Ansatz / Beta: Investition in den Gesamtmarkt – z.B. ein breit gestreutes Welt-Portfolio – auf Basis der allgemeinen öffentlichen Informationen mitsamt aller systemischen Risiken und ohne ständige Analyse
  • Aktiver Ansatz / Alpha: Investition in ausgewählte Vermögenswerte oder eine Gruppe von Werten – z.B. die Tesla-Aktie – auf Basis einer eigenen Hypothese, dass der aktuelle Preis zu hoch oder zu gering ist – Risiken sind hierbei nicht-systemisch und sind bezogen auf die eine Aktie. Die Position wird ständig geprüft, ob die Hypothese noch zutrifft

 

Passives Investieren – Beta

Die Gegebenheiten an den Kapitalmärkten ändern sich ständig. Beispielsweise durch den konjunkturellen Zyklus, aufkommende politische Krisen oder auch andere gesellschaftliche und wirtschaftliche Einflüsse. Niemand kann vorhersagen, wann welche Entwicklungen am Markt passieren werden – wie z.B. ein Aufwärtstrend (Bullenmarkt), Abwärtstrend (Bärenmarkt) oder eine Seitwärtsbewegung.

Als Investor kannst du auf eine Mischung an verschiedenen Vermögenswerten setzen. Diese sollten über einen längeren Zeithorizont eine positive Realrendite erzielen und Verluste gegenseitig ausgleichen.

Dies beschreibt einen passiven Investmentansatz. Du investierst in mehrere gegenläufige Vermögenswerte und willst dadurch insgesamt nicht falsch liegen, sondern konstant ein bisschen richtig. Insgesamt soll eine solide Rendite oberhalb der Inflation erzielt werden.

Zwei grundlegende Begriffe stehen für den passiven Ansatz: Diversifikation und Beta.

Du diversifizierst, wenn du mehrere möglichst gegeneinander laufende, also nicht oder sogar negativ korrelierte, Vermögenswerte in ein Portfolio legst, um bei starken Verlusten in einem Bereich nicht auch Verluste in einem anderen zu erzielen.

Du kannst über Anlageklassen hinweg diversifizieren (z.B. Aktien, Anleihen, Rohstoffe & Co.) oder auch verschiedene Titel innerhalb einer Anlageklasse (z.B. bei Aktien: Tesla, Johnson & Johnson, British American Tobacco, J.P. Morgan). Sollte beispielsweise der komplette Aktienmarkt oder eine spezielle Branche crashen, kannst du dies durch andere Positionen in deinem Portfolio ausgleichen.

Das Prinzip der Diversifikation wurde im Rahmen der modernen Portfoliotheorie durch Harry Markowitz untersucht. Er erhielt für seine Erkenntnisse den Nobel-Preis für Wirtschaftswissenschaften. Markowitz hat gezeigt, dass ein risikoarmes Depot durch Aufnahme eines passenden risikoreichen Wertpapiers im Gesamtrisiko sinkt. Zwar kommt es sehr auf die Gewichtung an, jedoch kann eine geschickte Mischung das Verhältnis von Rendite zu Risiko verbessern.

Die Details dazu findest du in seinem Werk Portfolio Selection von 1991.

Bis heute gilt die Diversifikation als einziger „Free Lunch“, also als einziges Mittel, mit dem man sich an der Börse relativ einfach einen Vorteil verschaffen kann.

Der legendäre Investor Ray Dalio hat dazu passend eine klare Botschaft zu der passenden Investment-Strategie für den Durchschnittsinvestor: „Der Großteil der Leute sollte sich nicht drauf fokussieren, dass man weiß, welche Firma oder welches Land richtig gut sind oder welche Zyklen kommen werden. Die Leute sollten auf Beta gehen, hierbei nicht korrelierte Investments zusammenfügen und diese dann als Korb besser performen lassen als die Inflation.“

Schau dir dazu seine Erläuterungen auf YouTube an (englisch, ggfs. mit deutschen Untertiteln schauen):

Im Durchschnitt lassen sich durch Diversifikation also das Risiko und mögliche Verluste begrenzen und Renditen auf Niveau der Gesamtmarkt-Performance einspielen, also einer durchschnittlichen Rentabilität aller Anlagen und der darunterliegenden Einzelwerte.

Der Bezug eines Investments zur Gesamtmarktrendite wird durch das sogenannte Beta beschrieben. Ein Beta von 1,0 sagt, dass sich ein Investment historisch im Gleichschritt mit der Rendite des Gesamtmarktes bewegt.

Wenn wir über die Performance-Erwartungen für den Gesamtmarkt sprechen, gehen wir immer von systemischen Renditen aus, die basierend auf einem funktionierenden Marktgeschehen und vollständiger Transparenz entstehen. Diese Transparenz basiert auf allgemein zugänglichen Unternehmenskennzahlen und weiteren Informationen, die allen offenstehen, wie z.B. Unternehmens- und Wirtschaftsdaten, Finanzmodellen und Erkenntnissen aus Kapitalmarktforschung.

Ein ausgewogenes Aktienportfolio, das die Beta-Rendite anstrebt, ist z.B. ein Weltportfolio, das über ETF Investmentfonds, wie den MSCI World ETF in einem Produkt investierbar ist. Der MSCI World ETF ist seht geläufig und bildet quasi die komplette Weltwirtschaft ab.

Durch die Auswahl eines Weltportfolios braucht man sich keine Einzeltitel anschauen und keine Entscheidung für z.B. die Tesla-Aktie oder gegen die BMW-Aktie zu treffen. Durch diesen breiten Korb an Aktien sind immer Gewinner und Verlierer dabei, denn dieser Warenkorb nähert sich typischerweise dem Wachstum der Weltwirtschaft an. In der Weltwirtschaft ist es normal, dass es auch Gewinner und Verlierer gibt, allerdings natürlich mehr Gewinner, ansonsten gäbe es kein Wirtschaftswachstum.

Der MSCI World hat seit 1975 eine durchschnittliche Rendite von ca. 9% pro Jahr erwirtschaftet. Dies entspricht einer guten Beta Rendite.

 

Aktives Investieren – Alpha

Das Gegenstück zu Beta wäre Alpha. Alpha bezeichnet die Gesamtmarkt-unabhängige Rendite und das hiermit zusammenhängende nicht-systemische Risiko. Oft wird in diesem Zusammenhang auch von der Überrendite gesprochen, also dem Extra an Rendite, das durch eine besondere Investment-Leistung basierend auf einer speziellen Vermutung erzielt werden kann.

Du kannst eine Alpha-Rendite auf große Teile des Gesamtmarktes erzielen, beispielsweise, wenn du eine Theorie hast, dass sich der Gesamtmarkt durch einzelne oder mehrere Ereignisse, die die wenigsten bisher auf dem Schirm haben, in eine bestimmte Richtung entwickelt.

Meistens wird Alpha aber auf Einzelwerte oder Sektoren erzielt. Im Gegensatz zu Beta kaufst du hier nicht einen Korb an verschiedenen Vermögenswerten, bei dem manche rauf und manche runter gehen und du im Durchschnitt die Marktrendite erzielst. Bei Alpha wählst du jedes Investment auf Basis deiner speziellen Theorie bewusst aus, weil du glaubst, dass es dir eine höhere Rendite bringt als der Gesamtmarkt. Die richtige Auswahl an Einzelaktien erfordert Marktkenntnis, aber auch gute Recherche über Geschehnisse bei den jeweiligen Firmen, sowie auch gutes Timing und Glück.

Bei Alpha versuchst du bei jedem Investment richtig zu liegen. Man spricht hierbei auch von einem aktiven Investmentansatz, weil du viel Aufwand in eine Analyse steckst und dich aktiv drum bemühst spezielle Renditepotenziale zu entdecken und zu realisieren.

Oftmals schaffen es nicht einmal Investment-Profis mit einer Auswahl von Aktien, ihrem eigenen Investmentfond, eine langfristig bessere Rendite als das Weltportfolio zu erzielen. Mit dieser Erkenntnis kann man sich als Privatanleger schon fragen, wie viel Sinn es macht Einzelaktien auszuwählen, wenn man sich nicht komplett auf Glück verlassen will.

Wenn du dennoch in Einzelaktien investieren willst, frage dich: Wie überzeugt bist du, dass du die Rendite des Weltportfolios über eine lange Zeitperiode schlägst? Damit sich das für dich lohnt, musst du schon sehr überzeugt sein und dann auch richtig liegen.

 

Conclusio: Alpha oder Beta? Mach doch beides

Zurück zu unserem Ausgangsproblem Inflation. Wenn du jetzt das recht konservative Ziel hast deine Kaufkraft zu erhalten und darüber hinaus eine solide und recht stabile Rendite zu erzielen, bist du mit einem diversifizierten Beta-Portfolio bestens versorgt.

Wenn du eine Überrendite erzielen willst, kannst du auch in Alpha-Investments hereingehen und durch gezielte aktive Auswahl von Einzeltiteln höhere Renditen erreichen. Ein cleverer Ansatz könnte sein, einen großen Teil deines Vermögens, den du nicht verlieren und stetig ausbauen willst, in Beta-Investments reinzugeben. Den Rest könntest du für Alpha-Investments nehmen für Alpha vorzuhalten – z.B. im Verhältnis 80% Beta und 20% Alpha oder vielleicht nur 90:10.

Damit deine Investmentstrategie aber sauber aufgebaut ist, solltest du Alpha und Beta konsequent trennen, am besten durch zwei verschiedene Depots. Eine Vermischung ist kontra-produktiv. Wenn Alpha-Titel in ein Beta Portfolio eingebunden werden, steigt das Risiko aber auch die Renditeerwartung des Portfolios. Allerdings geht es dann nicht mehr um „Wert behalten“ sondern um eine Überrendite. Gegebenenfalls werden so mangelnde Renditen aus Alpha-Investments durch eine gut ausfallende systemische Rendite kaschiert, dir fehlt jedoch dann die Erkenntnis, dass du mit deinen Alpha-Wetten vielleicht daneben gelegen hast.

Scroll to Top